Brücken sind gefährdet

Ein Vortrag von Erich Busse, Pfarrer i.R. aus Dresden, beim Hoyerswerdaer Kunstverein

Erich Busse, links, mit seiner Frau und Martin Schmidt, dem KunstvereinsvorsitzendenBei seinen bisher mehr als 20 Vorträgen über besondere Kirchen, Sühnesteine, Mariendarstellungen oder Grabsteine, wählte Erich Busse stets nur solche Beispiele, die eine Geschichte zu erzählen haben oder er stellte Künstler vor, bei denen Werk und menschliche Größe zu Einmaligem verschmolzen.
Dieses Mal begeistert er die Zuhörer unter dem Stichwort Brückenschicksale-Menschenschicksale mit Bildern und Geschichten aus allen Jahrhunderten innerhalb Europas. 
Brücken haben ein Schicksal als Meisterwerke der Baukunst zur Überquerung von Flüssen und großen Tiefen, aber ebenso sind menschliche Schicksale durch Brücken verbunden, bei denen gegensätzliche Standpunkte zueinander finden oder geistiger Austausch möglich wird.
Neugierig auf das, was Erich Busse vortragen wird, hatte jeder einen Tipp für markante Brücken parat, doch es kam ganz anders.
Als erstes war der Papst zu sehen, der Pontifax, der Brückenbauer zu Gott und den Menschen. Ihm folgte die Jakobsleiter, eine Geschichte aus dem Alten Testament betreffend, die vom Traum Jakobs erzählt, der Engel auf einer Leiter wie auf einer Brücke herab und hinauf steigen sieht, leider in der Kunst oft mit Flügeln dargestellt, wenn sie aber eine Leiter benutzen, wozu brauchen sie dann Flügel? In der frühen Christenheit entsteht die Legende, dass Christophorus sozusagen als lebendige Brücke Christus durch den Fluss trägt, im Mittelalter wird er zum Heiligen, der beschützt und aus fast allen Nöten hilft. Darstellungen des Christophorus sind deshalb häufig an Brückenbauwerken anzutreffen oder in vielfältiger Ausführung als Stadtheilige. Ein schönes Beispiel hierfür zeigte Erich Busse von der Dominsel in Wroclaw.
Maler wie Caspar David Friedrich oder Adrian Ludwig Richter stellten Brücken häufig allegorisch dar, in Form des Regenbogens oder als "behütete" Überfahrt am Schreckenstein.
Natürlich gibt es unendliche viele Brückenbauwerke, die wir heute als Höchstleistung von Ingenieuren und Bauleuten bewundern. Ein Beispiel hierfür ist das "Blaue Wunder in Dresden", wobei die Bauteile erheblich größer bemessen wurden als es die Statik erforderte, weil kurz vorher in England eine ähnliche Brücke durch falsch eingeschätzte Windverhältnisse eingestürzt war.
Eine außergewöhnliche Geschichte erzählt die Q’eswachaka-Hängebrücke in Peru, sie wird seit 500 Jahren in jedem Jahr neu hergestellt, die Frauen flechten die Seile aus Gras, die Männer befestigen die Brücke in atemberaubender Höhe unter Einsatz ihres Lebens, alles ohne Gerüste. Die Brücke gehört zum nationalen Kulturerbe Perus.
Unter den vielen Beispielen, die Erich Busse von weiteren Brückenbauwerken auswählte, ist noch das Rathaus in Bamberg zu erwähnen, das Rathaus mitten in die Regnitz auf eine Insel gebaut, gestattet den Bürgern von beiden Seiten des Flusses gleichberechtigt zum Rathaus zu kommen, insgesamt auf zwei Übergängen über vier Brücken.
In jüngster Zeit machte sich die Brücke in Torgau einen Namen als Ort der friedlichen Begegnung zwischen der amerikanischen und der russischen Armee 1945, zum anderen die Glienicker Brücke in Berlin als Tor im Eisernen Vorhang zum Austausch von Gefangenen.
Doch Brücken sind gefährdet, in Kriegen werden sie ohne Rücksicht auf Außergewöhnliches und Schönes aus strategischen Gründen zerstört. Gefährdet sind auch die geistigen und freundschaftlichen Brücken, sie sind zerbrechlich wie Glas und brennen wie Zunder, wenn wir nicht Acht geben. Als attraktives Gleichnis hierfür kann die Hängebrücke in Peru stehen. Sicher ist es seit vielen Jahren möglich, anstelle der Grasseile Materialien einzusetzen, die nicht verrotten. Aber der gemeinsame Bau der für alle notwendigen Brücke schafft ein unglaubliches Zusammengehörigkeitsgefühl, das, um im Bild zu bleiben, auf diese Weise nicht verrotten kann.

 

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