Vortrag von Museumspädagogin Rose Marie Radeke, Berlin, beim Kunstverein zur Kunst des Berliner Biedermeier

Rose Marie Radeke

In Deutschland war nach dem Wiener Kongress 1815 ein politisch luftleerer Raum entstanden. Es sollten die Verhältnisse vor der Französischen Revolution wieder hergestellt werden und alle anders Denkenden wurden verfolgt, so emigrierten Georg Büchner, Heinrich Heine und Karl Marx. In Deutschland aber kam Herr Biedermann zu Ehren, dessen Wahlspruch lautete: „weder kalt noch warm“. Und so entsteht nur in Deutschland in dieser Restaurationszeit zwischen1815 und 1848 eine Kunstrichtung, die sich Biedermeier nennt. Der Name wird aus den Worten Biedermann und Bummelmeier gebildet, welche in den Münchner Fliegenden Blättern die typisch deutsche Gemütlichkeit und Klage repräsentierten. Besonders ausgeprägt ist die Kunstrichtung des Biedermeier in München und Berlin zu finden.
Rose Marie Radeke stellte sie in ihrem Vortrag brillant vor, vor allem die Biedermeierzeit in Berlin. Sie zeigt an Hand von Dias gut ausgewählte Gemälde dieser Zeit, lässt die Literaten zu Wort kommen und kommentiert sehr genau und einfühlsam die Lebensweise und die unpolitischen Ansprüche des Bürgertums. Wichtig sind Familie, Natur und Geselligkeit in bewusst bescheidenem Gestus.

In München malen Moritz von Schwind und Carl Spitzweg, Ludwig Richter malt und illustriert vorwiegend in Dresden, ebenso Georg Friedrich Kersting.

Franz Krüger

In Berlin finden wir Adolph Menzel, Franz Krüger, Eduard Gärtner und Johann Erdmann Hummel. Allen gemeinsam ist bei den unterschiedlichsten Themen, sogar bei den von Krüger gemalten Paraden eine innere Ruhe und Beschaulichkeit und eine erstaunlich Detail getreue Darstellung von Portraits, Mode und Interieur. In dem Bild der „Parade am Opernplatz“ von Franz Krüger sind Architektur, Pferde und alle Zuschauer in solcher Prägnanz gemalt, so, dass man sie nur ehrfürchtig betrachten kann,einen ähnlichen Eindruck erweckt auch die Granitschale im Lustgarten, gemalt von Hummel.

Viele Maler würzen ihre Bilder mit Ironie und Humor, immer beschaulich und heiter, so bei Spitzwegs Bücher- und Kakteenfreund und dem wachsamen Soldaten.

Johann Erdmann Hummel

Zur Kunst des Biedermeier gehören auch die Neuruppiner Bilderbogen, gespickt mit viel Moral und Bildung, immer königstreu und untertan. Nicht zu vergessen die Küchenlieder vom weinenden Mariechen im Garten und von der holden Gärtnersfrau, wo am Ende das Leben immer bejaht wird.Aber nicht für alle war die Zeit so harmonisch und beschaulich. Das einfache Volk lebte in Berlin arm und unter unhygienischen Bedingungen, so dass sich Bettina von Arnim veranlasst sah, dem König einen Roman zu widmen, der auf diese Missstände aufmerksam machte, wie man weiß, mit wenig Erfolg. Heinrich Heine verspottet aus dem Exil den deutschen Biedermann, der sich einschüchtern lässt und allem politischen Denken auf höhere Weisung entsagt, so lange, bis der Biedermann in der Revolution von1848 durch den demokratischen Bürger abgelöst wird und damit auch die Kunst des Biedermeier endet.

 

 

 

 

 

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