Man muss sieben Scheffel Salz miteinander gegessen haben...

Hörspiel aus dem Jahr 1960 von Brigitte Reimann und Siegfried Pitschmann

036Im April 1960 herrschte großer Jubel, Lachen und Weinen bei Brigitte Reimann und Siegfried Pitschmann in der Liselotte Herrmann-Straße 20 in Hoyerswerda. Im Tagebuch von Brigitte Reimann ist nachzulesen, dass ihr beider Hörspiel "Sieben Scheffel Salz" bei einem Internationalen Hörspielwettbewerb als Bestes aus einer nationalen Auswahl erwählt wurde, Lohn für Entmutigungen und Entbehrungen, dotiert mit 4000 DM.
Unter der Regie von Theodor Popp war das Hörspiel beim Rundfunk der DDR produziert worden und 2010, nach genau 50 Jahren wurde es in der Reihe "Vor fünfzig Jahren" vom Deutschlandradio Kultur erneut gesendet.
Für eine Gesprächsrunde des Hoyerswerdaer Kunstvereins zum 46. Todestag von Brigitte Reimann am 20. Februar 2019 in der Reimann-Begegnungsstätte wurde dieses Hörspiel zum Thema gewählt. Die beiden Autoren vergleichen die gemeinsame Arbeit mit einer Ehe, man ist sich über das Ziel einig, aber um die kleinste Formulierung wird zäh und erbittert gestritten.
Erzählt wird eine Geschichte aus der Aufbauzeit des Kombinats Schwarze Pumpe. Vertraut für viele Anwesende war die Atmosphäre der Baustelle des Kombinates, in dem die Arbeit in einer Rohrleger-Brigade sehr authentisch wiedergegeben wird. Diese Authentizität kommt nicht von ungefähr, denn Brigitte Reimann arbeitete entsprechend dem "Bitterfelder Weg" ein Mal pro Woche selbst in einer solchen Brigade in Schwarze Pumpe und Siegried Pitschmann hatte über mehrere Jahre hier seinen Unterhalt als Betonarbeiter verdient. Mit dem Bitterfelder Weg sollte den Arbeitern der Zugang zur Kultur dadurch geebnet werden, dass die Schriftsteller selbst vor Ort in der Produktion tätig waren. Ob es gelungen ist?
Gespräch in der Wohnung von B. Reimann und S. Pitschmann mit dem Dramaturgen des Hösrspiels "Sieben Scheffel Salz", Gerhard Rentzsch (Mitte). Dem Hörspiel "Sieben Scheffel Salz" kann man eine solche Wirkung durchaus zutrauen. In eine Rohrleger-Brigade, die als "Gammelbrigade" bekannt war, kommt ein "alter Neuer" zurück, vorher war er Mitarbeiter wie alle anderen auch, jetzt ist er der frisch qualifizierte Meister Wolfgang Bauer, der Fleiß und Pünktlichkeit einfordern will. Die Konflikte bleiben nicht aus. Die einen versuchen sich anzubiedern, andere tun nach wie vor ihre Arbeit oder auch nicht, andere begegnen ihm mit offener Feindschaft. Zu diesen zählt Manfred Kirschgarten, genannt Kirsche. Dessen Freundin, Ruth Siebenhaar, ist die überlegene heitere Mitte der Erzählung, sicher ganz nach dem Geschmack von Brigitte Reimann. Das geschilderte Brigadeleben spielt sich beim Verlegen und Reparieren von Rohrleitungen ab, in den Pausen, in den Arbeiter-Wohnunterkünften und bei den Einstandsbesäufnissen. Natürlich kommt es hier zu einer Schlägerei zwischen Wolfgang und Kirsche, die beide ziemlich demoliert beenden, Ruth zeigt wenig Verständnis. Kirsche will unter allen Umständen, dass Wolfgang wieder verschwindet, Ruth, seine Hexe, soll ihm dabei helfen, indem sie Wolfgang verführt und bloßstellt. Doch es kommt anders. Ruth begreift, dass Wolfgang weiter denkt, dass er einen Weg gegangen ist, den Kirsche gern selbst gegangen wäre, aber nicht geschafft hat, wegen Faulheit und vertaner Stunden bei Mädchen und Alkohol.
Vorarbeit für einen versöhnenden Schluss leistet Antek, der mit den Weisheiten seines Großvaters alle irgendwie nervt, aber damit immer ins Schwarze trifft. Wolfgang, der Angst vor der eigenen Courage hat, empfiehlt er, die Freundschaft zu Kirsche zu suchen: Du kannst nur wirklich jemanden einen Freund nennen, wenn du sieben Scheffel Salz mit ihm gegessen hast, also beginne damit.

Mit freundlicher Genehmigung von Sächsiche Zeitung, Hoyerswerdaer Tageblatt.

 

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