Gespräch am Kamin mit Prof. Dr. Peter Stosiek lotete Grenzbereiche aus

Zum Kamingespräch im Hoyerswerdaer Schloss hatte der Kunstverein für den vorgesehenen, leider erkrankten Referenten kurzfristig den Görlitzer Pathologen und Gastprofessor Dr. Peter Stosiek gewonnen. Thema: „Menschenwürde an den Rändern des Lebens“.

Der gut gefüllte Saal im Schloss und das anregende Gespräch nach dem Vortrag ließen keinen Gast bereuen, den Weg ins Schloss gemacht zu haben. Stosieks (in freiem Vortrag geäußerte) Gedanken und Kenntnisse, sein umfassendes Wissen und das spürbare Engagement des erfahrenen Arztes für das von ihm gewählte Thema („Menschenwürde an den Rändern des Lebens“) fesselten alle Zuhörer. Er gewährte Einblicke in die genetische Forschung, von der die meisten nur in den Nachrichten mehr oder weniger erschreckende Kunde erhalten. Illusionen über ein mögliches Klonen von Menschen zerstreute Stosiek schnell. Ebenso warnte er vor den Möglichkeiten extremer „Zwei-Klassen-Medizin“, da die gegenwärtigen Möglichkeiten unmäßig teuer seien und nur von wenigen Super-Reichen in Anspruch genommen werden können (ohne immer den erträumten Erfolg zu erreichen...) – während in anderen Ländern Menschen verhungern, verdursten oder an den einfachsten Krankheiten sterben müssen... Trotz aller Wissenschaftlichkeit war der Vortrag keine akademische Vorlesung. Gelegentlich schien es, der Vortragende plaudere mit seinen Zuhörern, flocht Erlebnisse ein oder wanderte mit Zitaten durch die Welt- und Fachliteratur. Das gab dem Abend eine geistige Würze, Gediegenheit und ein ethisches Gewicht, die dem Thema angemessen waren. Den Schiller-Vers „Eine Würde und eine Höhe entfernen die Vertraulichkeit“ wiederholte der Medizinprofessor, um damit seine Betrachtungen zum Begriff „Würde“ zu beginnen. In lockerer Erzählweise und verständlicher Gedankenfolge kam er von dem Inhalt dieses Begriffes auf dessen Bedeutung im Zusammenhang mit genetischer Forschung zu sprechen: Beide wurden dadurch bestimmt, dass vor 25 Jahren die Embryonen-Forschung begann, die neben sehr vielen guten und heilsamen Ergebnissen auch Auswüchse und Illusionen erbrachte: wie die vom Klonen des Menschen oder jene vom „gesunden Kind mit Markenstempel“, wie Stosiek karikierte. Dazu stellte er anhand von Originaltexten die Meinungen des australischen Genetikers Peter Singer vor, der die Auffassung vertritt, „der frühe Embryo hat kein Recht auf Leben“; die entgegengesetzte des Philosophen Thomas Hoffmann, Mitglied der Ethik-Kommission, der dieser Aussage mit schlüssigen Argumenten widersprach; und die eines Mediziners, der Möglichkeiten des Heilens, Gefahren und Fehler aufzeigte. Dr. Stosiek öffnete sich seinen Zuhörern, als er eigene Zweifel eingestand und Entscheidungen von Ärzten beschrieb, die helfen wollen und doch manchmal nur noch den Schmerz lindern können. Er verteidigte das deutsche Embryonenschutzgesetz und warnte vor der Hybris, menschliches Leben könne einst über das jetzt bekannte Maß hinaus ausgedehnt werden. Der Kunstverein freut sich schon auf die nächste Begegnung mit Stosiek, die er für 2004 zugesagt hat.

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