Manchmal denke ich, mein Leben ist eine Kette von Verlusten gewesen. 

Vom Kunstverein wird eine Mappe übergeben, von Kristina Stella für diesen Abend zusammen gestellt, die alle veröffentlichten Texte von und über Siegfried Pitschmann enthält. Kristina Stella ist Mitarbeiterin der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt/Main und Mitglied im Kunstverein Hoyerswerda, v.l. Evelyn Kunis, Thomas, Nora und David Pitschmann.

Dieses Zitat von Siegfried Pitschmann durchzieht seine Erinnerungen, die er im Jahr 2001 Marie-Elisabeth Lüdde fast druckreif erzählt, ein Jahr später stirbt er im Alter von 72 Jahren in Suhl. Doch wenn man an diesem Abend seine drei Kinder aus drei verschiedenen Ehen erzählen hörte, war sein Leben viel mehr als eine Kette von Verlusten, es war eine wunderbare Bereicherung für die, die mit ihm auf der literarischen Ebene in Berührung kamen und er war andererseits ein wunderbarer Vater, wie alle seine Kinder übereinstimmend bekunden.
Dr. Thomas Pitschmann stammt aus erster Ehe und wurde 1953 in Suhl geboren, er studierte Agrarwirtschaft und arbeitet heute als Geschäftsführer in der Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern, Nora Pitschmann stammt aus der dritten Ehe, wurde 1969 in Rostock geboren, studierte unter anderem Germanistik, sie arbeitet heute in der Produzentenallianz für Film und Fernsehen in Berlin und der jüngste der Geschwister, David Pitschmann, kommt 1983 zur Welt, studiert Sinologie und arbeitet als Einkäufer und Übersetzer in einem Handelsunternehmen in Berlin, natürlich mit Spezialkenntnissen in Chinesisch. 
Von 1959 bis 1964 war Siegfried Pitschmann mit Brigitte Reimann verheiratet, sie hatten keine Kinder.
Nach Hoyerswerda kommt Thomas Pitschmann, indem er auf das Engagement des Kunstvereins für Brigitte Reimann aufmerksam wird. Nach Anfrage von Martin Schmidt, ob sich Herr Pitschmann denn vorstellen könnte, einmal nach Hoyerswerda zu kommen, sagt er sofort ja, aber unter einer Bedingung: nur mit meinen Geschwistern. Und so wurde der Abend zu einem wundervollen Gesprächsabend fast im Sinne eines literarischen Salons, in dem das Lebensbild eines Mannes plötzlich neu und liebenswert erscheint, er ist nicht mehr der Mann von Brigitte Reimann, sondern er steht ganz für sich selbst, so wie er es für sich erträumt hatte, nachzulesen in dem Text „Verlustanzeige“ von Marie-Elisabeth Lüdde, erschienen 2004 /2005 im Wartburgverlag.
Den Gästen wurde auch die Frage gestellt, ja wie haben Sie denn zueinander gefunden? Das brauchten Sie nicht, sie kannten sich ja von Kind an, indem der Vater des Öfteren mit ihnen Urlaub machte, Urlaub, der ihnen als fröhlich und angenehm in Erinnerung geblieben ist. Und gerade dies war wohl das Bemerkenswerte an Siegfried Pitschmann, als einem Vater, der bei sich selbst zu viel Unrast und Unruhe beschreibt, aber gerade bei seinen Kindern ein Vater ist, der Zeit hat, der Freiraum für Phantasie und Spiel lässt und „auf wahnsinnig schöne Weise und mit hohem Wissen“ die spannendsten Geschichten erzählen kann. Etwas skurril, aber von allen irgendwie toleriert, erscheint sein absonderlicher Hang zu Pedanterie und Gründlichkeit. Genau so lange wie er an einem Text von einer halben Seite schrieb, brauchte er auch, um einen Eintopf zu kochen, dann aber einen vorzüglichen, so perfekt, wie es seine Texte nach „mehrfacher“ Änderung auch waren. So ist von ihm nur ein kleines literarisches Werk erhalten, dafür aber ist dieses umso genauer. Dr. Thomas Pitschmann erinnerte daran, indem er ein kleines Essay vorlas: „Die Apfelprobe“. In ganz wenigen geschliffenen Worten erzählt Siegfried Pitschmann, wie er mit seinen Geschwistern und mit dem Vater zur Apfelernte mit einem Handwagen fährt, der Vater alle Sorten von Äpfeln probiert und ihre originellen Namen und Geschmacksrichtungen kennt, sehr zum Erstaunen der Kinder. Wenig später dient der Wagen zur Flucht von Schlesien in Richtung Westen, diesmal beladen mit Federbetten und Hausrat. 
Ein ganz besonderer Dank für diesen anregenden Abend geht an Nora, Thomas und David Pitschmann.

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