Rose Marie Radeke, Berlin, stellt den flämischen Maler Jan van Eyck ( 1390-1441) beim Kunstverein Hoyerswerda vor.

Jan van Eyck

Wenn man lange genug hinschaut, schauen die Dinge zurück, heißt ein weiser Spruch der Kunstliebhaber. Unter diesem Motto, könnte man meinen, interpretiert Rose Marie Radecke Kunst aller Stil - Epochen schon seit vielen Jahren beim Kunstverein in Hoyerswerda. Gespannt warteten die Zuhörer dieses Mal auf das Zwiegespräch mit den Bildern Jan van Eycks, einem Meister der altniederländischen Malerei. Herausragendes Werk ist der „Genter Altar“,
zu finden in der Genter St. Bravo – Kathedrale in Belgien, im wesentlichen gemalt von Jan van Eyck, begonnen von dessen Bruder Hubert.
Und wenn man lange genug hinschaut, erzählt das Bild seine Geschichte, aber nur die inhaltliche, von der Zeitgeschichte wird noch zu reden sein.
Der Genter Altar stellt im Entstehungszeitraum von 1420 bis 1432 eine Sensation dar. Es wird auf das bisher bei Altären und Heiligenbildern verwendete Gold als Hintergrund verzichtet, stattdessen geht das dargestellte Motiv vom Abendmahl, vom „Lamm Gottes“, nahtlos in flämische Landschaften und Stadtsilhouetten über in einer vorher nicht gekannten Perspektive. Einzelbilder der Geschehnisse des alten und neuen Testamentes umrahmen das „Lamm“, ebenso geistliche und weltliche Würdenträger.
Ob der Betrachter das riesige Werk nun von außen nach innen erschließt oder ob er von den Details sich an das Ganze heranarbeitet, er wird des Staunens nicht müde. „Vollkommene Fülle und Schönheit, die ihresgleichen nicht kennt“, so beschreiben Kritiker dieses Werk. Das Hauptmotiv ist auf der Festtagsseite des Altars zu sehen. Ist der Altar zugeklappt, erscheint die Alltagsseite, und diese erhebt einen nicht minder künstlerischen Anspruch. Da dieses Werk von einem Stifterehepaar in Auftrag gegeben wurde, müssen diese auch dargestellt werden. Obwohl van Eyck sie beide in auffälligen roten Gewändern darstellt, für die übrigen Figuren eine grau-weiße Farbe wählt, treten die Stifter fast in den Hintergrund, der Effekt ist verblüffend.

Bleibt noch zu erzählen, welches Schicksal dem Altar der St. Bravo - Kathedrale in den vergangenen beinahe 600 Jahren widerfuhr. Im 16.Jahrhundert Reinigung und Entfernung von Bildtafeln, um 1566 Verstecken des Altars vor dem Bildersturm der Reformation, 1569 an seinen alten Platz zurück, Calvinisten demontieren den Altar und stellen ihn im Rathaus auf, zwei Jahre später wieder nach St. Bravo zurück, die Tafeln werden einzeln in einen barocken Altar eingesetzt, 1781 veranlasst Kaiser Franz Joseph die Entfernung der Tafeln von Adam und Eva - wegen Nacktheit, nach der französischen Revolution teilweise Verschleppung nach Paris, nach Waterloo an die Stadt Gent zurück, danach in Einzelteilen an einen Händler verkauft. Die Bilder tauchen ohne Adam und Eva bei König Friedrich Wilhelm IV. in Berlin auf, nach dem Vertrag von Versailles müssen diese an Belgien zurückgegeben werden, im zweiten Weltkrieg wird der Altar vor der Besetzung durch Deutschland nach Südfrankreich ausgelagert, dort von den Deutschen entdeckt und nach Neuschwanstein, später in ein Salzbergwerk verbracht. Nach umfangreicher Restaurierung ist der Altar heute wieder in Gent zusehen.

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