Luzia Engombe stellt ihr Buch „Kind Nr. 95“vor, eine Veranstaltung vom Bildungswerk für Kommunalpolitik Sachsen und dem Hoyerswerdaer Kunstverein

Luzia Engombe

Es ist schon erstaunlich, eine Afrikanerin aus Namibia, die eigentlich ein „Ossi“ ist, wirbt in Deutschland für Toleranz und Menschlichkeit und für den christlichen Glauben. 
Aber erzählen wir nach der Reihe. Lucia Engobe wird 1972 in Namibia im Owamboland geboren. In dieser Zeit herrscht in Namibia Krieg, Krieg mit der Südafrikanischen Union, die 1920 als Mandatsregierung vom Völkerbund eingesetzt worden war, Namibias Bodenschätze gnadenlos ausbeutet und dem Land keinerlei Rechte auf Selbstbestimmung gewährt. Ohne Rechte auf Selbstbestimmung hatte Südwestafrika ab 1884/85 bereits die Herrschaft des Deutschen Reiches erfahren, die 1904 in den Aufstand der Hereros mündete und -zig Tausenden von Eingeborenen das Leben kostete. Ab 1960 kämpft die Südwestafrikanische Volksorganisation (SWAPO) in Namibia gegen die Südafrikanische Union. Der Vater von Lucia Engombe gehört der SWABO an. Lucias frühe Kindheit ist überschattet von Krieg und Flucht aus Namibia, von Hoffnungslosigkeit und Hunger. Davon und von ihrer Jugend in der DDR berichtet sie in ihrem Buch und an diesem Abend.
Sie ist eine kleine zierliche Person, sie spricht sehr bildhaft in einwandfreiem Deutsch und die Zuhörer können dieses kleine Mädchen, das mit den Eltern nach Angola flieht und dort vor Hunger fast umkommt, beinahe körperlich sehen und spüren. Mit einem Kindertransport kommt sie in die DDR nach Schloss Bellin, in die Nähe von Güstrow, da ist sie sieben Jahre alt. Hier wird ihre leiblicher Hunger und der Hunger nach Abenteuer und Wissen gestillt, das Heimweh nach Eltern und Geschwistern allerdings bleibt.
Sie hat gerade die neunte Klasse abgeschlossen, da kommt die politische Wende und keiner weiß, was aus diesen 425 namibischen Kindern werden soll. Keiner fühlt sich zuständig. Nach langem Hin und Her bringt man sie einfach mit einem Flugzeug nach Hause. Und hier erfahren sie einen regelrechten Kulturschock. Aufgewachsen in der europäischen Kultur sind sie kaum fähig, ein Leben in Namibia zu führen, kennen Eltern und Geschwister nur noch sehr vage und finden schwer einen neuen Anfang.
Heute arbeitet Lucia Engombe in Namibias Hauptstadt Windhoek beim Sender Namibia Broadcasting (NBC) als Mitarbeiterin des deutschen Programms, denn seit 1990 ist Namibia eine selbständige Republik.
Was bei Lucia Engombe am meisten beeindruckt, ist ihre zurückhaltende und zugleich selbstbewusste Art, ihre Überzeugungen auch zu leben. Das muss man sich vorstellen, ein siebenjähriges Mädchen nimmt den christlichen Glauben von Namibia mit in die DDR, hier wird er nicht gebraucht, sie aber vergisst ihre Religion nicht und wirkt heute als Botschafterin des Glaubens gegen Rassismus und Fremdenhass.

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