Guido Erbrich, Schmochtitz, stellt Václav Havel (Jahrgang 1936) vor, Philosoph, Dichter, Politiker.

Guido Erbrich

Der Mensch muss sich auf irgendeine Weise besinnen, er muss eine tiefere Verantwortung für die Welt wieder in sich selbst finden, unabhängig von politischen Systemen, unabhängig von Konsum und Reklame, unabhängig von Manipulation durch Fernsehen und andere Medien. Derjenige, der mit dieser philosophischen Überzeugung an die Menschheit appelliert, ist kein geringerer als Václav Havel, ein Schriftsteller und ein außergewöhnlicher Politiker. Von 1990 bis 2003 war er Präsident der Tschechoslowakei bzw. der Tschechischen Republik. 
Vaclav Havel wurde 1936 in Prag geboren, er kommt aus einem großbürgerlichen Elternhaus und durfte nach der Enteignung der Eltern keine weiterführende Schule besuchen. Auf Umwegen gelangte er später zum Abitur und zu einem Studium im Verkehrswesen, welches in keiner Weise seinen Neigungen zu Theater und Literatur entsprach. Deshalb verdingt er sich als Bühnenarbeiter und beginnt „absurde“ Stücke zu schreiben, die mit der Staatsmeinung nicht konform gehen. Immer wieder landet er deshalb im Gefängnis. Gedruckt wird er fast nur im Ausland, dort erhält er auch mehrfach Literaturpreise.
1977 wird er zum Mitinitiator der Charta 77, die die Einhaltung der Menschenrechte entsprechend der Schlussakte von Helsinki fordert, was ihm weitere Jahre Gefängnis einbringt. In seinen „absurden“ Theaterstücken geht es immer um die kleinen Schwächen und Nöte. Da muss zum Beispiel ein Braumeister regelmäßig Berichte über einen Lageristen für die politische Abteilung abliefern und möchte den Lageristen, der zufällig Schriftsteller ist, überreden, die Berichte doch gleich selbst zu schreiben. Das wäre sicher zum Vorteil für beide, eine Balance zwischen Ironie und bitterem Ernst, die zu denken gibt.

Guido Erbrich stellte seinem Vortag ein wunderbares Bild voran, Vaclav Havel, der auf seine innere Stimme hört und das Hören auch in seiner langen Amtszeit als Präsident nicht verlernt hat. Nach Havels Überzeugung erfährt der Mensch einerseits seine unmittelbare Umgebung als konkrete Erfahrung, weiß aber gleichzeitig, dass es eine viel tiefere Einsicht gibt, den Glauben an das Leben und dessen Sinn. Sobald der Mensch sich selbst zum höchsten Sinn der Welt und zum Maß aller Dinge gemacht hatte, begann die Welt, sich der Hand des Menschen zu entziehen. Damit aber die Erde nicht untergeht und das Leben wirklich wieder menschliche Dimensionen erlangt, muss der Mensch die Verantwortung für etwas übernehmen, dass höher ist als er selbst. Dies nennt Havel absoluten Horizont, andere nennen es Gott, Urgrund des Seins oder Sinn unserer Existenz.

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