Vortrag von Christine Neudeck zum Kulturerbe "Industrielles Bauen in Hoyerswerda von 1955-1990".

Hoyerswerda Neustadt

Als gleich mehrfache Überraschung erwies sich der Vortrag „Kulturerbe Hoyerswerda“ des Hoyerswerdaer Kunstvereins und des Bildungswerkes für Kommunalpolitik Sachsen am vergangenen Montag: Zum einen zeigte der bis auf den letzten Platz gefüllte Saal im Schloss, dass das Thema Kreise unterschiedlichen Interesses zum Gespräch anlockt, und zum anderen, dass diese Frage von verschiedenen Sichtweisen belebt wird – wenn man bereit ist einander zuzuhören und nicht nur seine Ideen zur einzigen, absoluten Wahrheit erklärt.

Die Referentin Christine Neudeck arbeitete in einem gut strukturierten und umfassend recherchierten Vortrag heraus, dass Hoyerswerda-Neustadt durchaus im Zusammenhang mit der Architekturentwicklung des 20.Jahrhunderts zu sehen ist und dass die Bezeichnungen „Plattenstadt“ nicht die unterschiedlichen Aspekte erfasst. Der abschätzige Gebrauch des Wortes trifft für das heutige Hoyerswerda auf keinen Fall zu.
Niemeyers Warnung vergessen
Christine Neudeck stellte ihren aufmerksam lauschenden Zuhörern sehr konzentriert und gut verständlich die Bauwerke der wichtigsten Architekten vor, die in Deutschland vor und nach der nationalsozialistischen Diktatur tätig waren. Interessant war dabei, dass bereits Oskar Niemeyer, der Vertreter der kühnsten Betonbauten, vor der Eintönigkeit warnte, wenn Phantasie und Flexibilität beim Einsatz dieses Baustoffes vernachlässigt werden. Auch in Hoyerswerda hätte diese Mahnung bedacht werden müssen, denn hier wurden zum ersten Mal Betonplatten als Bauelemente in großem Umfang eingesetzt.
Zum Vergleich zeigte die Referentin sechs Siedlungen wie die Siemensstadt (Berlin) und Hellerau bei Dresden, deren Erfahrungen zu nutzen gewesen wären. Ihre Entstehung ist mit den Namen Heinrich Tessenow, Bruno Taut, Mies van der Rohe, Hans Scharoun, Martin Wagner, Hans Poelzig und Walter Gropius verbunden. Die Schüler dieser Architekten von Weltruf, Richard Paulick und Rudolf Hamburger, waren in Hoyerswerda tätig.
Wollen und Wirklichkeit
Christine Neudeck, die selbst beim Bau der Neustadt tätig war, bewies mit Bildern, Zeichnungen und Dokumenten, wie Ideen geboren, Umsetzungen versucht und einige auch realisiert wurde. Vor allem die inhaltliche Orientierung, das Hinarbeiten auf eine schöne Stadt lag diesen Männern und ihren Mitarbeitern am Herzen, scheiterte jedoch häufig an fehlender Technik und Material, an den Forderungen nach schnellerem Wohnungsbau, nach Kosteneinsparung – und wohl auch am Durchsetzungsvermögen Einzelner. Ein Vergleich der Großzügigkeit der ersten, von Paulick geplanten Stadtviertel mit den letzten zeigt das Ergebnis. Wichtig war der Vorschlag der Referentin, wesentliche Stationen des industriellen Wohnungsbaus, wie sie erstmals in Hoyerswerda verwirklicht wurden, zu kennzeichnen. Daran könnten sich Besucher und spätere Generationen orientieren.
Franziska lässt grüßen
Die Beiträge Hoyerswerdaer Schüler zum Wettbewerb „Grüße an Franziska Linkerhand“ bewiesen, dass die jungen Leute nicht nur Ideen, sondern auch Liebe zu ihrer Heimatstadt besitzen. Das entspräche dem von Christine Neudeck zitierten Wort des Predigers Salomo: „Ein jegliches hat seine Zeit ... Abbrechen ... und Bauen hat seine Zeit.“ Nutzen wir die unsere!
Sächsische Zeitung

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