Lesung erzählte über Schriftstellerfreundschaft in politisch unruhigen Zeiten

Angela Potowski und Helene Schmidt (Bildmitte) lesen Texte von Reiner Kunze in der Reimann-Begegnungsstätte HoyerswerdaDie Lebensfreundschaften der Schriftstellerin Brigitte Reimann, die 1973 viel zu früh an Krebs verstarb, bringen immer noch Neues zu Tage. Erst Ende 2017 veröffentlichte S. Fischer in der Neuen Rundschau erstmals Briefe, die ihr der Dichter Reiner Kunze von 1953 bis 1972 geschrieben hat. Die Originale liegen im Reimann-Nachlass des Literaturzentrums Neubrandenburg und die Bibliografin der Autorin, Kristina Stella, hat sie zusammengestellt.
„Gestern bekamen wir das Buch“, erzählte Helene Schmidt vom Hoyerswerdaer Kunstverein, gerade noch rechtzeitig, um am 21. Februar in der Brigitte-Reimann-Begegnungsstätte daraus zu lesen. Begangen wurde dort der 45. Todestag von Brigitte Reimann, die in den 1960er Jahren den Aufbau der Neustadt miterlebte und diese Zeit in ihrem Roman „Franziska Linkerhand“ eindruckvoll beschrieb. Der Kunstvereins-Vorsitzende Martin Schmidt ergänzte, dass der Sender mdr Figaro Zeitzeugeninterviews mit dem Rundfunkjournalisten Juergen Schulz und Irmgard Weinhofen brachte, die beide mit Brigitte Reimann befreundet waren. 
Doch nun lasen Helene Schmidt und Angela Potowski vor vielen Gästen Reiner Kunzes Briefe, die Einblick gaben in das Leben beider Autoren. Das gelang, weil die Reimann den Freund in ihren leider nicht erhaltenen schriftlichen Antworten immer gut informiert hatte. Zu hören war von ersten Treffen Anfang der 1950er Jahre in der Arbeitsgemeinschaft Junge Autoren Magdeburg und von späteren im Schriftstellerheim Petzow, von Problemen beim Schreiben und von Krankheiten. Beide unterstützten sich und sprachen intensiv über Veränderungen in der DDR, die sie unter anderem in der Ablehnung ihrer Werke durch die Obrigkeit erkannten. Reiner Kunze begann deshalb, in der BRD zu veröffentlichen und verzog 1977 dorthin. In den 1960er Jahren verschafften Brigitte Reimann und Siegfried Pitschmann dem Dichter aus dem thüringischen Greiz Aufträge in Hoyerswerda und Cottbus. Er sprach im von dem Schriftstellerehepaar geleiteten Zirkel Schreibender Arbeiter des Kombinates Schwarze Pumpe über Lyrik. Dieses Anliegen und die Bitte, Reiner Kunze möge den jungen, literarisch begabten Volker Braun unterstützen, hatte Siegfried Pitschmann schriftlich formuliert. 1967 lud Brigitte Reimann Reiner Kunze zu einer gemeinsamen Lesung in den Klub der Intelligenz Hoyerswerda ein und vermittelte ihm den Kontakt zum damals neu gegründeten Freundeskreis für Künste und Literatur, heute Kunstverein. Von 1968 bis zur Gegenwart fanden weitere Veranstaltungen mit Reiner Kunze statt. Da Kunzes, die DDR-Wirklichkeit ehrlich beschreibende Miniaturprosaarbeiten und Gedichte vom Schriftstellerverband abgelehnt wurden, war es damals in Hoyerswerda schwer, Räume für seine Auftritte zu finden. „Einmal las er im Kinghaus“, sagte Helene Schmidt und das Kunstvereinsmitglied Gerhard Schlegel erzählte von einem Auftritt im Kastanienhof. 
An der Veranstaltung in der Begegnungsstätte hatten aber auch Nichtvereinsmitglieder wie die in Hoyerswerda-Altstadt aufgewachsene Johanna Ruhla Freude. Die Seniorin erfuhr viel Neues und möchte wiederkommen.
Die Brigitte-Reimann-Begegnungsstätte in der Brigitte-Reimann-Straße 8 ist baugleich der Wohnung, in der die Autorin von 1960 bis 1968 in Hoyerswerda lebte und mit Möbeln dieser Zeit ausgestattet. Neben dem Leben und Schaffen der Reimann wird auch die architektonische Entwicklung der Stadt bis in die Gegenwart beleuchtet. Die Begegnungsstätte ist Montag bis Freitag von 8 bis 13 Uhr geöffnet und unter Tel. 03571/6079305 erreichbar.

 Mit freundlicher Genehmigung von Lausitzer Rundschau, Rundschau für Hoyerswerda

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