Was bleibt von der Dichterin Brigitte Reimann?


048Diese Frage stellte sich am 90. Geburtstag von Brigitte Reimann (1933-1973) in Hoyerswerda gleich in zweifacher Hinsicht. Was bleibt von ihrem schriftstellerischen Werk im Gedächtnis und was bleibt sichtbar in der Stadt Hoyerswerda, in der sie von 1960 bis 1968 lebte? Es gibt in den letzten Jahren ein verstärktes Interesse an den Büchern von Brigitte Reimann, das durch Neuauflagen und Erstdrucke gefördert wird.
Als sichtbares Zeichen nun eröffnete der Frauenrat Sachsen e.V. im Rahmen des Projektes „frauenorte Sachsen“ einen Erinnerungsort an der Stadtbibliothek in Hoyerswerda, die schon seit langem den Namen Brigitte Reimann trägt und seit Neuestem auch das Reimann-Kabinett beherbergt. Die Leiterin der Bibliothek, Maja Kos, nahm das Angebot des Frauenrates gerne an. Eine Gedenktafel für die Schriftstellerin ziert nun die Bibliothek dauerhaft. Die Reimann reiht sich somit in eine Reihe von Frauen ein, die die geistige, unternehmerische oder künstlerische Landschaft Sachsens seit dem 11. Jahrhundert prägen.
Bürgermeister, Mirko Pink, war zu einem Grußwort gekommen, er unterstützt die sichtbare Erinnerung an Brigitte Reimann, mahnt aber dasselbe auch für weitere Persönlichkeiten der Stadt an. Korina Jenßen, die Gleichstellungsbeauftrage erinnert, dass noch immer zu wenige Frauen in der Kommunalpolitik präsent sind. Sie arbeitet engagiert darauf hin, Dinge zu ändern; allein in Hoyerswerda sind 94 Straßen nach Männern benannt, aber nur 11 nach Frauen.
Und last not least begrüßt Luisa Pohl vom Frauenrat Sachsen die Gäste. Zu dem Projekt „frauenorte“ wurde Sachsen durch das Land Sachsen-Anhalt inspiriert und nun gibt es Sachsen weit bereits 34 solcher Erinnerungsorte an Frauen.
Eingeleitet wurde der Reimann-Tag mit einem Reimann-Spaziergang, auf dem Angela Potowski ihre Gäste mit ausgewählten Texten aus „Franziska Linkerhand“ erfreute, mit einer Vortragskunst, die immer wieder berührt. Man hörte auch, dass Adelbert von Chamisso über eine Dichterin schrieb: „sie fasst alle Gedanken mit der Seele an“, was wunderbar auch auf die Reimann zutrifft und ihre Bücher so einmalig macht.
Diese emphatische, frische, aufmüpfige Sprache war auch am Abend mit der Stimme von Elisa Ueberschär, einer jungen Schauspielerin aus Leipzig, zuhören. Sie las aus: „Die Geschwister“. Dieser Roman hatte für Aufmerksamkeit gesorgt, als 2022 im ehemaligen Wohnhaus von Brigitte Reimann große Teile des Manuskripts dieses Romans gefunden wurden, die dort seit 1968 unbemerkt lagerten. Die Neuauflage ist ein lebendiges Stück DDR-Geschichte der frühen 60er Jahre. Die Malerin Elisabeth ist nach dem Zusammenbruch Deutschlands von einer neuen gerechteren Welt in der DDR überzeugt, ebenso ihre Brüder Konrad und Ulrich. Konrad allerdings ist mit seiner schönen Frau Charlotte in den Westen gegangen und hat alle Unbilden des Anfangs in Kauf genommen, seine Freiheit war ihm wichtiger. Inzwischen hat er es zu Wohlstand gebracht und plötzlich sind ihm „Kempinski“, ein teures Auto und teure Schuhe wichtig geworden, die Freiheit ist in den Hintergrund gerückt. Nun will auch noch der zweite Bruder Uli in den Westen gehen, der von Elisabeth bewunderte und geliebte Bruder. Er wiederum will sich zeitlebens für die kommunistischen Ideale einsetzen, aber „ein Sozialismus ist nur so lange eine schöne Sache, solange er nicht von Schwachköpfen zerquetscht wird“, diesem will er entfliehen. Doch Elisabeth möchte bleiben und verändern, sich nicht vor Schwierigkeiten drücken. Sie kann selbst durch Verrat ihren Bruder nicht am Weggehen hindern, das allerdings wird er ihr nie verzeihen.
Elisa Ueberschär wechselt gekonnt zwischen gelesenem Text und weiteren Erklärungen. Den Zuhörern hat es eindeutig gefallen.

Mit freundlicher Genehmigung von Sächsische Zeitung, Hoyerwerdaer Tageblatt.

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