Ulrich Schacht im Schloss

Ein „Rückblick auf eine sanfte Revolution - eine Außensicht auf die Ereignisse von 1989" sollte das jüngste Kamingespräch des Hoyerswerdaer Kunstvereins im Schloss werden. Als Gesprächspartner hatten die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung und das Bildungswerk für Kommunalpolitik Sachsen den in Schweden lebenden Schriftsteller Ulrich Schacht gewonnen. Dieser beschrieb in einem freien Vortrag nicht nur jenes punktuelle Ereignis 1989/ '90, sondern entfaltete vor den Zuhörern einen Geschichtsabriss von 1968 bis zur Gegenwart. Mit Zitaten, Dokumenten und Publikationen wurde belegt, was da geschah und welche Zusammenhänge größerer Art zum Thema bestanden.

68er Fehl-Interpretationen

Es gelte, lud Ulrich Schacht ein, „die geistige Souveränität wieder herzustellen". Damit knüpfte er an die Tradition an, die die Bürgerrechtler während der 40 Jahre DDR geübt hatten: Sich eine Meinung durch Faktenwissen und Analyse bilden, die so gewonnenen Argumente klug und beharrlich vertreten. Diese Haltung sei zu jeder Zeit notwendig, bewies er anhand des eigenen Lebenslaufes zwischen DDR und Bundesrepublik, in deren Gesellschaften gleichermaßen eine verschobene Wirklichkeitswahrnehmung herrsche, bewusst geschaffen wurde und wird. Gelegentlich holte der Redner weit aus, griff auf die Französische Revolution, auf die „Abschaffung Gottes" unter Robespierre zurück, wanderte im Gespräch gleichermaßen wissensreich als auch kurzweilig durch die Geschichte Preußens unter dem Duktus; „Die preußische Geschichte hält sich nicht unbedingt an ihre marxistische Interpretation." Ähnlich erging es auch anderen Geschichts-Abschnitten, die ebenfalls im Prokrustesbett der Darstellung der „68er" gestreckt, ver- oder „hingebogen" wurden. Doch predigte Schacht weder Resignation noch Fatalismus oder gar „Weltschmerz". Nein! Man müsse zu Europas Wurzeln zurückfinden, zum christlichen Denken der Bibel und weniger dem der Institutionen. Er verwies auf sein Buch „Für eine Berliner Republik", zitierte Altbundeskanzler Helmut Schmidt, der kürzlich öffentlich seine heutigen Nachfolger „eine Regierung der Dilettanten" genannt hatte.

Eine „Hallig" errichten

Es gelte, so der an Norddeutschlands Küsten aufgewachsene Lyriker, eine „Hallig" zu errichten; einen Platz für Haus und Feld zu haben - hoch genug, um den Wasserfluten zu trotzen, erreichbar von und zu anderen und doch frei unter dem Himmel. Praktisches Klugsein sei erforderlich, Mut, Ideen und Dialog. Diesen werden die Kunstfreunde weiter pflegen, um Hoyerswerdas Zukunft zu gestalten und allem Untergangslamento eine Abfuhr zu erteilen.

Zur Verfügung gestellt durch: Sächsische Zeitung