Gießener Prof. Dr. Carsten Gansel „Ehrengast“ beim Brigitte-Reimann-Spaziergang

Wieder einmal wandelte der Hoyerswerdaer Kunstverein auf den Spuren der Schriftstellerin Brigitte Reimann durch unsere Stadt – diesmal für einen und mit einem besonderen Ehrengast: Prof. Dr. Carsten Gansel von der Gießener Justus-Liebig-Universität, der tags zuvor im Schloss einen Diskussionsabend zu Uwe Johnson gehalten hatte – einem Schriftsteller, der ähnlich wie Brigitte Reimann Themen des DDR-Alltags aufgegriffen hatte. Da Prof. Gansel die Hoyerswerdaer Reimann-Ausstellung an seiner Uni nutzt, war es nur logisch, dass er sich bei diesem Spaziergang ein Bild von den Originalschauplätzen der Reimann-Bücher, speziell des Romans „Franziska Linkerhand“, machen wollte.

Treffpunkt der Reimann-Kenner um Kunstvereins-Chef Martin Schmidt war wie stets die Liselotte- Herrmann-Straße 20, wo die Schriftstellerin von 1960 bis 1968 lebte. Schmidt berichtete eindrucksvoll, wie unwohl sich Brigitte Reimann in diesen acht Jahren, die zugleich auch die wichtigsten ihres Schaffens gewesen waren, in Hoyerswerda gefühlt haben musste. Helene Schmidt und Angela Potowski lasen an jeder Station des Ausfluges aus den Tagebüchern und/ oder der „Linkerhand“. Von den Anwesenden waren einige bereits zum dritten Mal dabei. Martin Schmidt wusste zu sagen, dass diese Veranstaltung bereits die zwölfte ihrer Art war.

Im Hinterhof des Hauses erlebten die Zuhörer dann noch einmal durch die Textauszüge die ersten Tage nach der Ankunft Brigitte Reimanns in Hoyerswerda. An der Gaststätte „Glück auf“ wurde durch die Berichte der Schriftstellerin eine Unterhaltung über die „Faszination Plattenbau“ und die Veränderung in der Struktur der Architektur angeregt. Prof. Gansel zeigte sich von diesem „Programm“ sehr angetan: „Brigitte Reimann hat eine Reihe sehr interessanter Romane geschrieben. Ihre Tagebücher ermöglichen einen ganz neuen Blickwinkel auf die DDR.“ Aber auch in den Gesichtern der anderen Spaziergänger waren deutliches Interesse und Faszination zu lesen. Gegenüber der Gaststätte „Freundschaft“ im WK II war die Bronzestatue „Mutter mit Kind“ Zentrum der Erzählungen. Einige der Anwesenden wussten noch von Begegnungen mit Brigitte Reimann zu berichten oder kannten Details über ihre Lebensgewohnheiten. Am Lausitzer Platz las Helene Schmidt einmal die Sicht Reimanns auf die Entwicklung der Neustadt vor. Sie machte damit eindrucksvoll bewusst, wie intensiv die Schriftstellerin die Stadt wahrnahm: „Man ist wehrlos ausgeliefert dieser Stadt und ihrem sozialistischen Lärm“, schreibt sie in ihrem Tagebuchband „Alles schmeckt nach Abschied“. Ihre faszinierende Art, über ihre Sicht der Dinge zu schreiben, macht die Werke und die Schriftstellerin selbst einfach interessant. Im Schlosssaal fand die Veranstaltung bei Berichten über die Vergangenheit des Schlosses ihren würdigen Abschluss. Für Anfang Juli ist bereits eine Fortsetzung der Spaziergänge geplant.

JULIANE OBST hat ein Schülerpraktikum beim TAGEBLATT absolviert.

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