In Gießen wird zurzeit die Brigitte-Reimann-Ausstellung des Hoyerswerdaer Kunstvereins gezeigt.


Brigitte liebte das Reisen - sie wäre gern heute hier", mutmaßte der Vorsitzende des Hoyerswerdaer Kunstvereins, Martin Schmidt, bei der festlichen Eröffnung der Vernissage. Die noch bis 11. Februar dauernde Wanderausstellung „Hunger auf Leben" zeigt Lebensstationen der DDR-Schriftstellerin Brigitte Reimann (1933 - 1973). Mit dieser Reimann-Retrospektive eröffnet die Fachbibliothek am Institut für Germanistik der Justus-Liebig-Universität ihre nun als Galerieraum nutzbaren Flure: Meterlange Hängeleisten sowie eine Vitrine schaffen großzügiges Platzangebot. „Insbesondere sechs überdimensional lange Papierfahnen, auf denen Reimanns „Selbsterzählter Lebenslauf 1947 -1973" in roten Lettern prangt, wirken hier wie ein aus dem Fenster gehängtes Artefakt: Das Zeichen für den Schrei nach Freiheit?
Schon vor einem knappen Jahr thematisierte das Institut „Literatur aus der SBZ (Sowjetische Besatzungszone)/ DDR" - aber noch im Ausstellungsraum der Universitätsbibliothek. Der Schriftsteller Lutz Rathenow gab damals eine humorig-ironische Rückschau und warnte dennoch vor einer „Verhöhnungs-Routine" gegenüber dem DDR-Staat.
Die Gießener Organisatoren der aktuellen Schau, Bibliotheksleiterin Dorette Ahlbrecht und Dr. phil. Carsten Gansel (Professor für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur) zeigten sich ob der neuen Präsentationsflächen erfreut - zumal in Gegenwart von rund 80 Vernissage-Gästen. Gansel ordnete den Zweck solcher Veranstaltungen einer sinngebenden Motivation unter, die dafür sorgen solle, dass „Literatur kein Museum ist". Damit Ausstellungen und Lesungen nicht im luftleeren Raum ständen, müsste das .Studium. Bezugspunkte herstellen. Dafür steht das von Gansel zurzeit angebotene Hauptseminar „Von Bestsellern, «gestockten Widersprüchen» und «Atlantis-Effekten» - Die DDR im Spiegel von Literatur und Film vor und nach 1989", welches unter anderem ausgewählte Werke Reimanns behandelt. Im Zeitungsgespräch bescheinigte der Seminarleiter den Studenten in dieser Hinsicht eine „ausgezeichnete und sensible Arbeit". (Gansel ist eigentlich in Neubrandenburg zu Hause, wo Reimann ab 1968 lebte.).
Studierende lasen selbst gewählte Texte für das anwesende Publikum, etwa aus „Franziska Linkerhand" oder aus dem Briefwechsel mit Christa Wolf.
Schmidt widmete seine spürbar emotionale Laudatio einer als attraktiv apostrophierten Frau voll „... gelobtem widersprüchlichen Wesen. Sie konnte schüchtern und emphatisch sein." Anschaulich berichtete Schmidt, einst Reimann-Kollege beim Zirkel Schreibender Arbeiter des (Gas-) Kombinats Schwarze Pumpe, von einer „übermächtigen Liebe zum Schreiben" der „leidenschaftlichen Buchleserin" Brigitte Reimann. Obwohl preis- und ordensgekrönt und mit den DDR-Mächtigen bekannt,, habe Reimann die „staatliche Subordination" abgelehnt. Sie sei ihren eigenen Weg gegangen, aber keine eigentliche Dissidentin gewesen, so Schmidt.

Zur Verfügung gestellt durch: Sächsische Zeitung

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