Kultur baut Brücken zu anderen Völkern
Der Hoyerswerdaer Kunstverein setzt 2015 wieder auf Vielfalt und hohen Anspruch. Dies unterstrich Vorsitzender Martin Schmidt Sonnabend zur Jahreshauptversammlung im Schloss. „Mit unserem Programm wollen wir über die Kultur Brücken zu anderen Völkern bauen. Wir wollen ihre Achtung gewinnen und ihre Kultur weitergeben. Deshalb lassen wir ihre Vertreter hier vor Ort in Hoyerswerda sprechen“, verdeutlichte er.
Derzeit gehören dem Verein 52 Mitglieder an. Im Vorjahr organisierte er 65 Veranstaltungen. Originell zeigte Christine Neudeck in ihrer Power-Point-Präsentation den Rückblick 2014. Dabei nahm sie die Mitglieder auch auf historische und geographische Entdeckungsreise der Schwar-zen Elster und des Schwarzwassers – von der Quelle bis zur Mündung – mit. In einer Schweigeminute gedachte der Kunstverein dreier verstorbe-ner Wegbegleiter – Waltraut Skoddow, Arnošt Kowar, Ralph Giordano.
Verstärkt sucht der Kunstverein junge Mitstreiter. „Das ist elementar wichtig“, unterstrich der Vorsitzende. „Wir versuchen dazu, Arbeitskreise in den Gymnasien zu fördern.“ Erfreulich ist 2015 die Zusammenarbeit mit der Robert-Bosch-Stiftung und mit der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Letztere trägt und finanziert drei Veranstaltungen des Kunstvereins. Am 25. Februar hält der Berliner Schriftsteller Jürgen Israel den Vortrag „Ein Jahr als Dorfschreiber unter Zigeunern, Rumä-nen und Ungarn in Siebenbürgen“. Am 26. März erinnert der Görlitzer Dr. Wolfgang Wessig mit seinem Vortrag „Wechsle den Ort und du wechselst das Glück“ an Schauspieler Alexander Granach (1890-1945) und an dessen Sohn und Schriftsteller Gad Granach (1915-2011). Am 23. April trägt Dr. Wolfgang Wessig „Türkische Novellen (1921)“ von Armin Theophil Wegner (1886-1978) vor. Dieser setzte sich mit dem Völ-kermord der Türken an den Armeniern auseinander. Dank Unterstützung durch die Robert-Bosch-Stiftung organisiert der Kunstverein vier Veran-staltungen unter dem Motto „Grenzgänge – Hoyerswerdaer Gespräche“. Dr. Martin Pollack (Wien) liest den „Kaiser von Amerika“ am 13. Februar. Melinda Nadj Abonji aus Serbien liest am 8. Mai zum Thema „Tauben fliegen auf“. „Im August kommt Artur Becker aus Gdansk (Polen) und im Oktober Christa Wolfs Schwiegersohn Jan Faktor aus Tschechien“, erläuterte der Vorsitzende.
2015 besteht der Kunstverein 50 Jahre. Würdigen will er das Jubiläum mit einer Veranstaltung. Sie findet voraussichtlich Ende des Jahres statt. Der Kunstverein setzt auch auf sorbische Themen. „Diese Zusammen-arbeit liegt uns stark am Herzen“, unterstrich Martin Schmidt. Den Auftakt bildete jetzt am 11. Januar das Klavierkonzert mit der sorbischen Pianistin Heidemarie Wiesner aus Berlin. „Außer Cottbus, Berlin, Leipzig und Prag findet es auch in Hoyerswerda statt. Das ehrt uns sehr“, sagte der Vorsitzende. Am 28. Januar erinnert ein Vortrag an Maler Horst Schlossar. Dieser war ein fast unbekannter Meisterschüler von Otto Dix. „Wir sind dabei, zugleich eine Uraufführung zu organisieren“, erläuterte der Vorsitzende. „Es geht um Texte der sorbischen Bautzener Dichterin Róža Domašcyna, vertont durch den Komponisten Jan Cyž. Der genaue Termin ist noch offen.“ Der Kunstverein will auch ein Kammerkonzert mit sorbischen Komponisten organisieren. Voraussichtlich im September soll es in der Johanneskirche Hoyerswerda stattfinden.
Ein besonderer Höhepunkt ist die Lesung mit Ines Burdow. Sie erinnert am 22. März an Schriftsteller Stefan Heym (1913-2001) zu Ehren des-sen 100. Geburtstages. Stefan Heym gehörte 1989 in der DDR zu den Unterstützern der Bürgerbewegung in der friedlichen Revolution.
Nach wie vor sehr engagiert arbeitet die Brigitte-Reimann-Begegnungs-stätte des Hoyerswerdaer Kunstvereins. Studenten, Schüler, historisch-kulturell-literarisch Interessierte und Touristen aus aller Welt suchen sie auf. „Leider hält sich das Interesse der Hoyerswerdaer selbst in Gren-zen“, bedauert Evelyn Kunis, die seit 2005 die Begegnungsstätte konti-nuierlich aufbaute und noch heute ehrenamtlich unterstützt. „Einheimi-sche wertschätzen das literarische Erbe Brigitte Reimanns zu wenig.“
Sehr vielseitig arbeitet die Begegnungsstätte. Nach wie vor gibt es viele Texte von und über Brigitte Reimann (1933-1973) zu archivieren. Nur acht Jahre lebte sie in Hoyerswerda. Doch gerade hier schrieb sie prä-gende Werke wie „Franziska Linkerhand“ und „Ankunft im Alltag“. Gerade die Tagebücher von Brigitte Reimann, so unterstrich Evelyn Kunis, sind sehr lesenswert. Denn sie geben Einblicke ins Innenleben der Schriftstellerin, in ihre Sorgen und Nöte. „Unsere Begegnungsstätte dokumentiert zugleich die Entwicklung unserer Stadt. Und das von ihrer Gründung über den Aufbau der Neustadt bis hin zum heutigen Rückbau. Sie betreut immer wieder Gäste“, erläuterte Evelyn Kunis.
Ende 2014 beendeten Marion Wolf, Elke Steinborn, Harry Schulze und Berto Mahn ihre Arbeit in der Begegnungsstätte. Derzeit arbeiten jetzt bis März Heidemarie Wieschke und Sonja Reske aus Hoyerswerda dort. Fertiggestellt ist der 1. Teil der Bibliographie über Brigitte Reimanns Werke. Die Fortsetzung soll bald folgen. Zugleich organisiert der Kunstverein 2015 wieder Brigitte-Reimann-Spaziergänge. Vor allem Helene Schmidt und Angela Potowski engagieren sich seit Jahren dafür. „Wir sind dankbar, diesen erstaunlichen Ort gefunden zu haben: eine großartige Erinnerung an Brigitte Reimann, eine gute persönliche Be-treuung mit sehr interessanten Erläuterungen von den Mitarbeiterinnen und dem Mitarbeiter der Begegnungsstätte“, schrieben Evelyne, Ernst Dieter und Heide Kunkel aus Bad Harzburg am 8. Oktober 2014 ins Gästebuch der Begegnungsstätte. Aus Berlin kamen am 30. Oktober 2014 Maria und Egon Hödt. „Für uns beide ist die Begegnung mit Brigitte Reimann ein besonderes Erlebnis, nicht nur weil man hier so umgeben ist mit ihren Dingen oder so wie man es sich vorstellen kann, sondern auch aufgrund der Erzählungen und Episoden aus ihrem Leben, die wir hier hören“, vermerkten sie dankbar im Gästebuch. Mögen sich auch 2015 wieder viele Besucher nach guten Begegnungen hier verewigen.
Weitere Informationen: www.kunstverein-hoyerswerda.de
Fotos Andreas Kirschke und Kunstverein